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Das Kleingartenwesen in NRW

100 Jahre Landesverband Westfalen und Lippe der Kleingärtner – 25 Jahre Landesschule Lünen

Am 12. November 2021 hat der Landesverband Westfalen und Lippe seinen 100. Geburtstag. Die Pandemie lässt derzeit keine Veranstaltung zu, die diesem Ereignis gerecht werden könnte. Wir werden, wenn die Lage es zulässt, die Feierlichkeiten in geeigneter Art und Weise nachholen. Aber nun zu den Geschehen, die am
12. November 1921 ihren Anfang nahmen und eine nun 100-jährige Erfolgsgeschichte begann.

An diesem Tag im Jahre 1921 wurde in Dortmund in der Kronenburg der „Kleingärtner Provinzialverband Westfalen“ gegründet. Damit wurden die Interessen der Kleingärtner in unserem Land zusammengefasst und bildeten eine starke Gemeinschaft. Die Anzahl der Kleingärtner war zu diesem Zeitpunkt noch bescheiden. Sie zählte 1922 erst 3.659 Mitglieder, wirkten aber schon in fortschrittlicher Art über die Verbandsgrenzen hinaus.

Seit 100 Jahren sind wir stolz
auf unsere kleinen Gärten.
Foto: Archiv Landesverband
Westfalen und Lippe

Bereits 1919 fand in Essen der 7. Deutsche Reichskleingärtnertag und der 2. Internationale Kongress der Kleingärtnerverbände mit Teilnehmern aus 14 europäischen Staaten statt. Früh stellte man fest, dass ein Schwerpunkt neben der Gartenarbeit die Förderung der Jugendarbeit sein musste.

Als die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, wurde der Provinzialverband zur Sicherung der Volksernährung dem Reichsnährstand unterstellt. Dennoch bildeten gerade im Ruhrgebiet die bestehenden Anlagen Herberge für Verfolgte und später auch für Bürger, die ihre Wohnungen verloren hatten.
Am 11. Juli 1950 tritt die Verfassung für das Land Nordrhein Westfalen in Kraft. Hierin heißt es im § 29 Abs. 3 „Die Kleinsiedlung und das Kleingartenwesen sind zu fördern!“ Seit dieser Zeit gibt es eine eigenständige Kleingartenförderung in unserem Land.

Besuch der Landesschule (1996)
v. l.: Umweltministerium Bärbel Höhn, Ministerpräsident Johannes Rau,
Landesverbandsvorsitzender
Werner Bolder
Foto: Werner Heidemann

Auch bildet ab diesem Zeitpunkt die Schulung der Vereinsmitglieder einen Schwerpunkt der Verbandsarbeit. Ab 1952 findet die zentrale Schulung der westfälischen Kleingärtner gemeinsam mit den Kleingärtnern aus dem Rheinland in der Landesschule des Landesverbandes Rheinland im Grugapark in Essen statt.

Der Landesverband Westfalen und Lippe hat jetzt seinen Sitz in Bochum. Im Jahre 1978 wird dieser nach Hamm verlegt. Das ehemalige Kolpinghaus wird zu einer Schulungsstätte mit Geschäftsstelle umgebaut. Hier wird im Jahre 1980 der Schulungsbetrieb aufgenommen.

Ein entscheidendes Jahr für das Kleingartenwesen in Deutschland war das Jahr 1983. In diesem Jahr trat das Bundeskleingartengesetz in Kraft.
Der Kündigungsschutz und die Pachtpreisbegrenzung sind die unverzichtbaren Regulativen. Viele herausragende Ereignisse prägten das Leben in unserem Verband. So wurde 1984 der erste Landeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ durchgeführt. 1986 begann in der Kleingartenanlage „Arbeit und Freude“ in Oer-Erkenschwick die Zusammenarbeit mit dem Naturschutzzentrum NRW.
Ein einschneidendes Ereignis fand am 16. Januar 1993 in Lünen statt. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Landesverbandes stimmte die überwältigende Mehrheit der Delegierten für den Bau einer eigenen Landesschule. Die Schule und Geschäftsstelle wurde im Rahmen der Landesgartenschau in Lünen errichtet. Vor 25 Jahren, am 09. März 1996, wird nach nur einem Jahr Bauzeit die Landesschule offiziell eröffnet. Das Architektenteam Prof. Gerber und Partner lieferte uns die Planung und so entstand eine höchst attraktive moderne Schulungsstätte. Gewürdigt wurde diese vorbildliche Architektur durch die Verleihung des Architekturpreises der Westtyp Stiftung. Unter 151 Wettbewerbsbeiträgen haben wir den 2. Platz belegt. Unser Landesverband hatte 1996 nach 75 Jahren seines Bestehens eine zukunftweisende Bleibe gefunden. Dem Gebäude sind Lehr- und Lerngärten zugeordnet, die ständig weiterentwickelt werden und zu einem Lernen in Theorie und Praxis führen. Auch die nähere oder weitere Umgebung - die Fläche der ehemaligen Landesgartenschau - ergänzen die Schulthematik mit ökologischen Anschauungsobjekten und Bereichen.

Lernort – Lehr- und Lerngarten
an der Landesschule
Foto: Werner Heidemann

Die vergangenen 100 Jahre zeigten deutlich die Entwicklungsstufen des Kleingartenwesens in unserem Lande. Anfangs stand die Nahrungsproduktion im Vordergrund des Gärtnerns. Im Laufe der Jahre und mit der wirtschaftlichen Entwicklung änderte sich die Gartennutzung. In den Zeiten nach dem 2. Weltkrieg, in den Aufbaujahren und mit der fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung gelangte auch die Erholungsfunktion in die Gärten. Die schwere körperliche Arbeit erforderte nun auch erholungs- und gesundheitsfördernde Funktionen. Sowie auch die Gesellschaft sich entwickelte, entwickelte sich unser Kleingartenwesen. Heute ist es viel mehr als Gartenbau und Erholung. Diesem Gesichtspunkt folgen wir mit unserer Verbands- und Schulungsarbeit. Der Verband ist aus der gesellschaftlichen und politischen Ordnung unseres Landes nicht mehr wegzudenken. Wir bringen unsere Vorstellungen und Ideen auf allen Ebenen in die Diskussion ein. Die Landesschule ist hierbei der Ankerpunkt.
Ökologische Zusammenhänge, gesunde Nahrungsproduktion, gesellschaftlicher Zusammenhalt, Integration und die Sorge um die klimatische Entwicklung sowie Artenschutz und Artenvielfalt haben Interesse und Einzug in die Gärten erhalten. Dieses trägt auch die personelle und inhaltliche Auswirkung Rechnung. Wir haben einen hauptamtlichen Fachberater eingestellt, der Lehrgangsinhalte und die Verknüpfung mit den Gartenflächen um unsere Schule weiterentwickelt. Er steht auch den einzelnen Verbänden nach Rücksprache und verfügbarer Zeit mit seinem Rat zur Verfügung.
Dies wird durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Schulungsangebote auch mit Hilfe der neuen digitalen Technik unterstützt und gefördert. Hierzu kommt die Hilfe für die Vorstände im Vereinsmanagement und eine zeitgemäße und aktuelle Öffentlichkeitsarbeit. Gerade im Vereinsmanagement muss unser Hauptaugenmerk bei der Schulung liegen. Nicht erst seit Corona sind die Anforderungen an das Ehrenamt ständig gewachsen. Städte und Gemeinden wälzen immer stärker Aufgaben auf die Verbände und Vereine und damit auf die ehrenamtlich Tätigen ab. Diesen Aufgaben müssen wir mit großer Ersthaftigkeit nachkommen. Nur so können wir Anerkennung in der Öffentlichkeit, der Politik und der Verwaltung erreichen und unsere Leistungen für die Allgemeinheit überzeugend und ehrlich darstellen.
Alles gelingt nur in einem gemeinsamen Handeln und Gestalten. Unsere Vorgänger haben hier auf diesem Gebiet herausragendes geleistet und wir tun gut daran, diesen Weg weiterzugehen.

Wilhelm Spieß
Landesverbandsvorsitzender