Stadtverband Dortmunder Gartenvereine e. V.
Studienfahrt der Fachberatung
Biologische Saatgutvermehrung
bei Jens Eichler in Telgte
Bei angenehmem Wetter und freier Bahn erreichten wir mit der Studienfahrt der Fachberatung zügig das östliche Münsterland. Den Hof von Jens Eichler in Telgte zu finden, war dagegen nicht so einfach, da die landwirtschaftlichen Wege schmal und mit Bäumen gesäumt waren. Deshalb war das Durchkommen für den großen Bus alles andere als leicht . Hier ein großes Lob an unseren Busfahrer, der am Ende der Besichtigung einen Teil der Strecke auch noch rückwärts bewältigen musste.
Seit 18 Jahren bewirtschaftet in der Nähe von Telgte der gelernte Schmied Jens Eichler einen Hof zur biologischen Saatgutvermehrung mit dem Augenmerk auf alte Sorten (Erhaltungszüchtung). Alte Gemüsesorten sind viel geschmackvoller als konventionell erzeugte, aber auch etwas empfindlicher gegen Schädlinge oder Witterungseinflüsse. Außerdem sind sie ein wichtiger Genpool und dienen dazu, die Artenvielfalt an Nutzpflanzen zu erhalten.
Bildunterschrift
Die Anbaufläche von einem Hektar teilt sich in drei voneinander entfernt liegende Parzellen auf, da so eine Überkreuzung der Arten (Sortenreinheit) verhindert wird. Durch hohe Mais- und Roggenfelder wanderten wir zu einer dieser Parzellen, auf der verschiedene Gemüsesorten wie Möhren, Rote Beete, Bohnen, Chicorée, Erbsen, Tomaten und viele weitere, aber auch Kräuter wie Koriander wuchsen. Als besondere Art lernten wir Sauerkleeknollen kennen, die roh oder als Gemüse verzehrt werden können.
Um Wildtiere abzuhalten, waren die Beete mit einem Zaun geschützt. Spätestens hier wurde klar, dass die pfluglose Anbaumethode mit zwei Kaltblutpferden eine sehr mühselige Angelegenheit ist. Auf dem Beet standen hauptsächlich zweijährige Pflanzen, deren Saatgut erst im zweiten Jahr entnommen werden kann. Im ersten Jahr werden die Pflanzen in Reihen gesät und wöchentlich mit einer kleinen, von den Pferden gezogenen Minihacke und von Hand unkrautfrei gehalten. Im Herbst werden die Pflanzen geerntet, sortiert nach Qualität und in Kisten mit Erde überwintert. So werden im Frühjahr zum Beispiel von 200 Möhren die 40 besten wieder eingepflanzt und bis zur Blüte gebracht.
Von diesen Pflanzen gewinnt man dann schließlich den Samen.
Unter einem Foliendach standen geschossene Salatpflanzen und Tomaten. Bei diesen Gewächsen darf die Blüte nicht verregnen.
Salat und Tomaten wurden in Quickpot-Platten vorgezogen und ausgepflanzt. Die unteren Blätter der Salatpflanzen wurden entfernt, um Fäulnis vorzubeugen, und dienten den Tomaten als Dünger.
Das Dreschen des Samens am Beispiel von Rosenkohlpflanzen mutete eher mittelalterlich an.
Die Pflanzen wurden von Hand immer wieder durch Siebe mit verschiedenen Maschengrößen geschüttet, bis nur noch die reinen Samen zu sehen waren.
Den Rest erledigte eine selbstgebaute Staubsaugerkonstruktion, die alles Überflüssige entfernte.
Zum Abschied durften wir noch Jens Eichlers Kaltblutstute streicheln.
Danach ging die Fahrt weiter nach Telgte zum Mittagessen in das Bistro-Café „Tante Lina“.
Telgte mit seiner Gnadenkapelle, zahlreichen hübschen kleinen Häusern und zauberhaften Boutiquen in der Altstadt war an diesem Tag gut besucht, da es dort ein Pilgertreffen gab.
Die kleine Stadt östlich von Münster ist als Wallfahrtsort bekannt, zu erkennen an den in den Boden eingelassen Jakobsmuscheln.
Leider war die Zeit zu kurz, um die besonderen Sehenswürdigkeiten zu entdecken.
Mähwiese und Mammutbaum:
Zu Besuch im Botanischen Gartens
der Universität Münster
Der Botanische Garten Münster ist Teil der Universität und liegt direkt hinter dem fürstbischhöflichen Schloss, innerhalb des Schlossparks. Er wird von der Universität finanziert und von 20 Fachgärtnern betreut.
Dort nahmen wir in zwei Gruppen an einer Führung teil. Auf einer Gesamtfläche von fünf Hektar mit zehn Gewächshäusern werden circa 8000 Pflanzenarten und saisonale Schmuckpflanzungen kultiviert. Das sind richtig viele, die außerdem sehr sehenswert und gut gepflegt sind.
Die Sammlungen sind in drei Gruppen unterteilt: geographische Sammlungen, botanische Sammlungen und Sammlungen der heimischen Flora.
Natürlich konnten wir nur einen kleinen Teil dieser Vielfalt näher in Augenschein nehmen. Zunächst passierten wir die Naturräume Zierpflanzen, das Schmuckbeet Sommerblumen und das Staudenbeet mit wunderschönen Blumenarrangements.
All diese Pflanzen werden durch Tröpfchenbewässerung versorgt. Auch Pflanzen, die wir in unseren Gärten kultivieren wie zum Beispiel Fuchsien-Bäumchen oder Wandelröschen, standen hier in eindrucksvoller Größe und Blütenpracht.
Bislang wusste ich noch nicht, dass Fuchsien-Früchte essbar sind.
Durch eine Allee aus Dattelpalmen gelangten wir zu den geographischen Sammlungen. Die Palmen werden zur Überwinterung in die dahinter liegende Orangerie gebracht.
Der erste Haltepunkt war ein Kaltgewächshaus für sukkulente Pflanzen der Halbwüsten Mexikos und aus dem Süden der Vereinigten Staaten mit Kakteen jeglicher Art und Größe. Man sieht hier, dass so mancher zu Hause kultivierter Kaktus ein erbärmliches Dasein fristet, wenn man die Größe mit den hier ausgestellten Sukkulenten vergleicht.
Blickfang im tropischen Viktoriahaus ist die Viktoria-Seerose, auf deren Blättern ein Kleinkind sitzen kann, ohne unterzugehen. Grund dafür sind Stege und Luftkammern unterhalb des Blattes.
Noch im Bau befindlich ist die Anlage für Pflanzen der Rocky Mountains. Durch Felsformationen sprudeln schon kleine Wasserfälle. Gut besetzt mit zahlreichen Pflanzen ist die alpine Hochgebirgs-Flora auf einer felsigen Hügellandschaft. Die Pflanzen zeichnen sich durch Zwergwuchs aus, um das raue Klima zu überstehen. Diese Anlage wird morgens und abends automatisch bewässert. Ein Problem für die Kultivierung ist die fehlende Schneedecke im Winter, die den Pflanzen Schutz vor Frösten bietet.
Ein wichtiger Bereich vor dem Hintergrund des Klimawandels ist die mediterrane Flora. Sie kommt mit hohen Temperaturen und wenig Wasser aus. Ein Problem für diese Pflanzen ist bei uns auch möglicher Frost im Winter. Besondere Höhepunkte sind hier Olivenbäume und ein Erdbeerbaum mit Erdbeer-ähnlichen bitteren Früchten.
Schön zu sehen, welche Artenvielfalt eine Mähwiese beheimatet, wenn sie nicht gedüngt wird. Um diese zu erhalten, muss das Mähgut regelmäßig abgeräumt werden.
Auf der Feuchtwiese wuchs neben Riesenschachtelhalm als besonderes Kraut das Mädesüß mit seinen trichterrispigen Blütenständen und gelblich weißen Blüten, eine wichtige Heilpflanze, die früher unter anderem zum Süßen von Wein und Met, aber auch gegen Durchfallerkrankungen genutzt wurde.
Im Arboretum überzeugte besonders ein 35 Jahre alter Mammutbaum von beachtlicher Größe.
Besonders interessant fand ich das Mammutblatt. Dieses Gewächs treibt jedes Jahr neu aus und wächst bis zu drei Metern Größe heran. Es wird von Ameisen bestäubt und lebt in einer Symbiose mit Blaualgen. Von Juli bis August treibt die Pflanze einen ein Meter großen, aufrecht stehenden Blütenkolben mit vielen Einzelblüten aus. Sie ist bedingt winterhart und kann auch im Kübel kultiviert werden.
Das waren nur einige Highlights. In diesem Botanischen Garten gibt es noch weit mehr zu entdecken, sodass ein weiterer Besuch sich lohnt. Den Abschluss unserer Reise bildete der Besuch des Bauerngasthofs Grothues-Potthoff, wo wir mit wundervollen Torten verwöhnt wurden.
Fotos und Text: Bea Wild
Wieder mal ein gelungener Ausflug.
Danke Kerstin Michel.