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Bezirksverband Castrop-Rauxel/Waltrop
der Kleingärtner e. V. 

Obstbaumschnitt-Kurzseminar mit 29 Teilnehmern

So wird es gemacht:
Interessiert hörten und sahen die Lernwilligen den Experten zu.

„Ich schätze, dass 30 Leute kommen“, vermutete Annette Welling, Fachberaterin der Gartenstadt, kurz vor Beginn des Obstbaumschnitt-Kurzseminars. Dabei wusste noch einen Tag zuvor niemand, ob die Veranstaltung überhaupt würde stattfinden können, denn bis spät in die Nacht hinein war Sturmtief „Zeynep“ über Deutschland gezogen. Es hatte auch in Waltrop Bäume entwurzelt, Äste abgeknickt und in der Gartenstadt einige Gewächshäuser beschädigt.
Als dann um 10 Uhr die Sonne herauskam und 29 Interessierte den zunächst theoretischen Ausführungen der Dozentin Rita Lohmann lauschten, war nicht nur Annette Welling zufrieden. Rita Lohmann, Diplom-Ingenieurin für Landschaftsarchitektur, führt zusammen mit ihren Geschwistern Claudia und Thomas Lohmann die gleichnamige Gärtnerei in Olfen-Vinnum. Sie erklärte nun schon im siebten Jahr den Waltropern den Schnitt von Obstgehölzen.
Die Expertin zeigte zunächst den Unterschied zwischen einer Bypass-Schere mit zwei scharfen Klingen und einer Amboss-Schere mit einer Klinge und stumpfem Gegenstück. Der Vorteil eines sauberen Schnitts ohne Quetschung, an der sich Pilze ansiedeln könnten, spreche für die Bypass-Schere. Wichtig sei aber auch bei der Bypass-Schere der richtige Schnittwinkel.
Dann wurde der optimale Aufbau eines Obstbaums erläutert, der hier für alle, die nicht teilnehmen konnten, kurz zusammengefasst wird: Ziel ist ein Pyramiden-Aufbau als Voraussetzung dafür, dass der gesamte Baum gut durchlüftet und besonnt werden kann. Ideal sind ein senkrechter Leittrieb, der die Spitze des Baums bildet, und mehrere seitliche Gerüsttriebe, die gleichmäßig am Stamm verteilt sind. Daran sitzen einjährige Triebe und Fruchtholz. Die Seitentriebe werden so gekürzt, dass auf drei bis vier Ebenen die Spitzen jeweils auf gleicher Höhe liegen. Dies wird Saftwaage genannt, da der Saftstrom des Baumes dann ausgeglichen ist. Das fördert ein gleichmäßiges Wachstum. Eine genauere Beschreibung findet sich auf der Internetseite der Gartenstadt (https://www.gartenstadt-waltrop.de/fachberatung/saftwaage/). Unabhängig vom Aufbau werden immer Triebe entfernt, die mit anderen konkurrieren, sich kreuzen (Gefahr von Reibung an der Rinde), nach innen oder steil aufrecht wachsen. Der beste Zeitpunkt für einen Schnitt ist entweder von Januar bis Mitte März (Winterschnitt), soweit es nicht unter minus vier Grad Celsius friert, oder im Juli (Sommerschnitt). Ein Schnitt empfiehlt sich spätestens alle drei bis vier Jahre.
Am Beispiel verschiedener Obstgehölze in der Anlage konnten die Teilnehmer auch selbst Hand anlegen. Gerade der praktische Teil fand reges Interesse, denn das Gelernte in die Tat umzusetzen war natürlich das Ziel aller. Und so wurde schnell deutlich, dass theoretisches Wissen nicht immer eins zu eins auf die Praxis übertragbar ist. Die einen seufzten: „Bei unserem Baum zu Hause sieht das ganz anders aus.“ Die anderen fragten sich, ob sie die richtige Haltung der Schere irgendwann verinnerlichen werden.
Es tauchten immer wieder neue Fragen auf, die von Rita Lohmann nach dem Prinzip „Learning by doing“ bereitwillig geklärt wurden. Außerdem konnte sie schnell die Angst vor dem „falschen“ Schnitt nehmen. Außer bei Pflaumen und Mirabellen, die nicht ganz so schnittverträglich sind, kann nach Aussage der Expertin außer einer geringen Ernte nicht viel passieren, wenn man sich an die wichtigsten Grundlagen hält. Zudem gebe es auch nicht den einen richtigen Schnitt. Vielmehr führten viele Wege zu einem gesunden und reich tragenden Obstgehölz.
Nach zwei Stunden Rundgang durch die Anlage waren alle Teilnehmer durch den kalten Wind so durchgefroren, dass die Einladung der Fachberatung zu einer heißen Linsensuppe aus der „Wunderbar“ gerade recht kam. Beim Genuss der Suppe und bei einem Becher mit heißem Kaffee konnten auch die letzten Fragen geklärt werden.

Text und Foto: Manuel Kiese